Beim Bau der Ortsumgehung im tschechischen Brandýs setzt STRABAG BIM2Field erfolgreich im Verkehrswegebau ein. Modellbasierte Planung sowie die Verarbeitung von Drohnen- und Satellitendaten ermöglichen eine Maschinensteuerung per GPS und die Visualisierung ausgeführter und anstehender Arbeiten in der Augmented Reality.

Knapp 35 Kilometer außerhalb der tschechischen Hauptstadt Prag stehen Martin Kriz, BIM-Expert bei STRABAG Innovation & Digitalisation (SID) in Wien, und Bauleiter Jiří Cingroš auf einem aufgeschütteten Damm. STRABAG baut hier eine Umgehungsstraße: Vier Kilometer lang, dazu zwei Kreisverkehre – und dabei setzt das Team um Jiří Cingroš und Martin Kriz erfolgreich BIM2Field im Verkehrswegebau ein.  

Jiří Cingroš installiert gerade sein Smartphone in der Mitte des Damms auf einer einfachen Halterung und verknüpft es mit einer genauen GPS-Verortung – dann zeigt es faszinierende Bilder: Als zeichnete jemand die Zukunft in bunten Farben, entstehen 3D-Modelle der noch zu bauenden Straße. Sie schmiegt sich als visualisierte Augmented Reality (AR) direkt in die natürliche Landschaft. „Ich kann einen Punkt in der Umgebung anpeilen und die Software zeigt, ob hier noch die Fahrbahn verläuft, welche Arbeiten an dieser Stelle vorgenommen werden, ob Rohre oder Kabel im Untergrund schlummern – alles digital“, erklärt der Bauleiter.

Bauleiter Jiří Cingroš richtet eine satellitenbasierte Lokalisierung mit seinem Smartphone ein. 

In Brandýs ist BIM2Field im Verkehrswegebau angekommen. Die BIM-Strategie zur Nutzung und Weitergabe von Informationen aus der Planungs- in die Ausführungsphase, verbunden mit einer Fortschreibung der Modelle nach Bauausführung, funktioniert bei diesem Projekt in besonderer Weise, wie Martin Kriz ausführt: „Die Visualisierung über Augmented Reality ist eine der spannendsten Innovationen in der Anwendung: Sie dient als zusätzliches Kontrollwerkzeug, v. a. aber macht sie BIM wirklich attraktiv für alle, die es anwenden sollen.“ 

Standards definieren

Mindestens genauso attraktiv sind die Informationen und Daten dahinter. „Einheitlich und stringent erfasst, gesammelt und gespeichert sind sie über eine cloudbasierte gemeinsame Datenumgebung jederzeit und überall für das gesamte Projektteam verfügbar“, sagt Kriz. 

Auf der Baustelle greifen alle digitalen Werkzeuge ineinander: die 3D-Modelle, GPS-Positionierung, Drohnen- und Maschinendaten. Sämtliche Informationen werden direkt aus dem BIM-Modell extrahiert und für den Polier digital verfügbar gemacht. In der Anwendung lässt sich zwischen einer Smartphone basierten Augmented Reality und der Abbildung der realen Umwelt wechseln: zwischen dem echten, etwas tristen Damm aus feuchtem Sand und der virtuellen Straße, nebst Abmaßen und bunter Darstellung der verschiedenen Untergrundschichten.

Digitale Maschinensteuerung – die Daten der BIM-Modelle, der Drohnenaufnahmen, der AR und satellitenbasierten Positionierung landen auch in den Cockpits der Baumaschinen.

Für Bauleiter Jiří Cingroš, der diese Tools jeden Tag in der Praxis nutzt, ist auch die GPS-Positionierung ein großer Vorteil: „Mein AR-Gerät verfügt über eine leistungsstarke GPS-Antenne. Damit kann ich einfache Messungen durchführen und Modelle mit der Realität vergleichen.“ Für diese Analysen bräuchte er normalerweise eine Vermesserin oder einen Vermesser – jetzt kann Cingroš das meiste selbst mit ein paar Fingerbewegungen auswerten. Ähnlich wertvoll sind für den Bauleiter auch die monatlichen Drohnenbefliegungen: „Auf Basis dieser Aufnahmen können wir den Baufortschritt visualisieren. Außerdem verwenden wir die Bestanderfassungen für die Abrechnungen und Leistungsmeldungen.“ 

Damit lassen sich beispielweise Bulldozer auf der Baustelle automatisiert steuern und kalibrieren. 

Proof of Concept

In Brandys landen diese Daten direkt bei den Verantwortlichen auf die Baustelle. „Nicht nur die BIM-Programmiererinnen und -Programmierer damit arbeiten, sondern auch wir Bauleute“, sagt Bauleiter Jiří Cingroš. In seiner Arbeit hält er die Maschinensteuerung für das wichtigste Feature: Auch Bagger oder Bull-Dozer erhalten Daten und können so gesteuert werden. „Wir arbeiten auf diese Weise viel schneller, viel effektiver. Ein weiterer Vorteil ist die AR-Anwendung, mit der wir direkt die Genauigkeit der Modelle prüfen können. Wir müssen auch nicht mehr stündlich die Maschinen-Kalibrierung validieren. Und natürlich teilen wir auch alle Dokumente digital in unserem internen Common-Data-Environment-System“, so Cingros. Diese cloudbasierte Umgebung zum Erstellen graphischer Elemente funktioniert „auf Basis von Trimble Connect, MS-Teams mit Sharepoint-Hintergrund sowie digitalen Signaturen mit Adobe Sign“, wie Karel Vonka berichtet und lächelnd ergänzt: „Letztlich sind wir auf der Suche nach dem Proof of Concept, dem Beweis, dass BIM2Field im Verkehrswegebau funktioniert.“ 

Präzise Ortung – mit modernen GNSS-Antennen lassen sich mobile Endgeräte wie Smartphones satellitenbasiert auf der Baustelle lokalisieren und verlässliche Orts- und Zeitinformationen bereitstellen. Durch die Kombination von AR und BIM-Modellen werden bereits ausgeführte und noch anstehende Arbeiten visualisiert – und direkt in die natürliche Umgebung eingeblendet. 
„Alle Baubeteiligten müssen die gleiche Sprache sprechen“
Karel Vonka
Technischer Betriebsleiter BIM und Digitalisierung für den Unternehmensbereich Verkehrswegebau und Hochbau Tschechien/Verkehrswegebau Slowakei (UB60)