Kollege Maschine
Auf einem Testgelände in Limburg an der Lahn setzen sich die Motoren eines Asphaltfertigers in Bewegung. Sechs Männer und eine Frau prüfen aufmerksam mehr als 30 Sensoren und Verbindungen an der Einbaubohle. Kabel beranken die gesamte Maschine. Stecker und Module verzweigen sich und laufen in einem Laptop im Fahrerhaus des beeindruckenden Gefährts zusammen – verfolgen Sie hier einen Feldversuch mit dem automatisierten Asphaltfertiger.
Der Bedarf für autonome Technologien im Straßenbau ist groß. „Dort, wo die Maschine jetzt mit Messtechnik ausgestattet ist, steht in der Praxis bisher noch ein Mensch direkt zur Verkehrsseite. Mitten auf der Baustelle ist er zudem Belastungen durch Dämpfe, Lärm und Vibrationen ausgesetzt“, erklärt TPA-Projektingenieur Sebastian Czaja. In Zukunft soll die Einbaubohle autonom arbeiten, damit sich niemand mehr im Gefahrenbereich aufhalten muss.
„Man hat schon ein mulmiges Gefühl“
Thomas Wagener ist gelernter Straßenbauer und asphaltiert bei STRABAG seit 22 Jahren Straßen in ganz Deutschland. Als Polier begleitet er den Einbau direkt an der Bohle, prüft die Einbaubreite und Schichtdicke, überwacht das Mischgut und begibt sich dabei ständig in den Risikobereich zwischen Fertiger und Fahrbahn. „Wenn Autos mit bis zu 100 km/h nur wenige Meter an uns vorbeifahren, hat man schon ein mulmiges Gefühl“, erzählt Wagener. Künftig soll ihn die Maschine unterstützen, die Prozesse autonom kontrollieren und steuern. Straßenbauer wie Wagener werden dann als Prozesscontroller vom klimatisierten und sicheren Fahrerhaus aus die Arbeit des Kollegen Maschine überwachen.
Aus Fehlern lernen
In den Feldversuch werden bewusst „Fehler“ eingebaut, auch daraus lernt die Maschine, zum Beispiel beim Erkennen der richtigen Temperatur, wie Alfons Horn, Entwicklungsvorstand der auf mobile Automationslösungen spezialisierten MOBA AG, erklärt: „Ist eine Transportmulde zu spät da und das Mischgut kühlt ab, verhalten sich die Bohle und das gesamte System auch anders.“ Im Versuch senken die Techniker die Mischtemperatur bis auf einen Wert, bei dem sich der Asphalt nicht mehr auftragen lässt. „ Mit diesen Testdaten werden später die Regelkreise optimiert, Einstellungen festgelegt und das autonome Verhalten des Fertigers weiter verbessert“, so Horn.
Die Sensorik am Fertiger stammt größtenteils von den Projektpartnern wie MOBA. Sie erfasst u. a. die Einbaubreite und Schichtdicke, auch hier muss die Maschine Details erkennen können. Etwa das Verhalten beim Anhalten und Anfahren, um sogenannte Anfahrbuckel zu vermeiden. Das ist wichtig, um eine ebene Straße zu erhalten.
Das Projekt „Autonom arbeitende Maschinen im Straßenbau 4.0“
Ziel des Forschungsprojekts ist die Automatisierung des Asphalteinbaus zur Entlastung des Einbaupersonals durch die Vernetzung autonom arbeitender Straßenbaumaschinen. Ein 3D-Modell mit dem Soll-Wert der zu bauenden Straße bildet den Ausgangspunkt. Während des Bauprozesses erfassen Sensoren an den Maschinen den aktuellen Belagszustand und ermitteln die Positionen von Fräsen oder Walzen. In einem Informationssystem laufen diese Daten zusammen: Es regelt und steuert die arbeitenden Antriebe so, dass keine Abweichungen mehr zwischen dem 3D-Sollwertmodell der Straße sowie den gemessenen Ist-Positionen von Fräswalze, Einbaubohle und Walzbandage bestehen. Der Einsatz dieser technischen Systeme gewährleistet während des Einbaus auch die Qualitätssicherung.
Vernetzung des Gesamtprozesses

Alles unter Kontrolle – die Sensoren bei Robot-Straßenbau 4.0:
Seilzugsensoren sind an der Einbaubohle befestigt und bewegen sich beim Ausfahren der Bohle mit. Auf diese Weise messen sie die Schichtbreite des Belags.
Ultraschallsensoren kommen an der Seite des Fertigers zum Einsatz und ermitteln die Schichtdicke.
Infrarotsensoren messen die Temperaturen des Asphalts.
Lidarsensoren bestimmen mittels Lasertechnologie die Abstände zwischen den Maschinen.
Projekt-Partner:
- TPA GmbH, Gruppe Prozess-Stabilität im Straßenbau (PSS)
- Technische Hochschule Köln, Kölner Labor für Baumaschinen (KLB)
- Technische Universität Darmstadt, Institut für Straßenwesen
- 3D-Mapping Solutions GmbH, Kinematische Vermessung von Verkehrsnetzen
- MOBA Mobile Automation AG, Qualitätssysteme in der mobilen Automation
Gefördert durch:
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)

Projektlaufzeit:
November 2017 – Oktober 2020