Ausgangslage
Einspringende oder herausstehende Gebäudeteile, sogenannte Rucksäcke, liegen bei Hochhausbauten im Trend. Architektonisch sehr eindrucksvoll, sind diese Elemente in der Umsetzung aber eine große Herausforderung: Teilweise werden extreme Lasten über die Konstruktion abgetragen oder umgeleitet. Forschungsziel des TBK-Teams der Zentralen Technik war die Entwicklung eines Ausführungskonzepts in Fertigteil-Bauweise, bei dem neben vertikalen Stützen auch geneigte Druckglieder (Fachwerkkonstruktionen) ausgeführt werden können, um so schalungstechnisch aufwendige Ortbetonlösungen zu vermeiden. Das Hauptaugenmerk lag auf der Verbindung der Fertigteile in den sogenannten Knoten. Außerdem wurde der Wärmeeintrag der Stützen im Stoßbereich bei potenziellen Bränden erforscht, um den Brandschutz möglichst ohne zusätzliche Maßnahmen zu gewährleisten.
Umsetzung und Ergebnis
Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und des Brandschutzes basiert die Versuchskonstruktion auf Stahlbeton. Die Bauteile sind damit ohne Zusatzmaßnahmen brandsicher, da der Beton die innenliegende Bewehrung schützt. Bei dieser Bauweise werden bevorzugt Druckstreben verwendet. Zugstreben sind möglichst zu minimieren, da der Beton bei Zugbeanspruchung statisch nicht mitträgt. Zudem führen Druckdiagonalen aus Stahlbeton zu einem steifen Tragwerk, Zugdiagonalen neigen dagegen zur Rissbildung und dadurch zu einem Steifigkeitsabfall. Höhere Kräfte lassen sich durch hochfeste Betone oder Bewehrungsstähle erreichen. Der Gewindestahl SAS 670/800 mit einer Streckgrenze von 670 N/mm2 wurde bei mehreren Projekten erfolgreich eingesetzt. Im Vergleich zu Ortbeton und Stahl ergibt sich bei Stahlbetonfertigteilen ein großes Einsparungspotenzial bei Bauzeit und Kosten.
Der Brandschutz wurde für den Stoßbereich ohne schützenden Vergusskragen parallel untersucht. In Abhängigkeit von der Beanspruchung könnte auf den Vergusskragen verzichtet werden bzw. der Nachweis rechnerisch erfolgen, um beispielsweise externe Gutachten zu vermeiden.
Beispielhafter Bewehrungsverlauf im Stützenkopf
Möglichkeiten des Deckenanschlusses

Ortbetondecke
Bewehrung über Schraubenanschlüsse verbunden

Halbfertigteildecke
Stahlbetonkonsolen zur Übertragung der vertikalen Auflader der Decken
De Rotterdam
Die an verschobene Container erinnernde Architektur des De Rotterdam ist ein eindrucksvolles Beispiel für Auskragungen, also Hochhaus-Rucksäcke, mit denen sich das TBK-Team in seinen Forschungen beschäftigte. Die untersuchten Fertigteilstützen wurden auch bei den Tanzenden Türmen in Hamburg, im Taunusturm in Frankfurt und dem Total-Hochhaus in Berlin eingesetzt. Beim Taunusturm wurden die Fertigteilstützen ohne durchgehende Längsbewehrung stumpf gestoßen. Im Stoßbereich nimmt eine Vergussfuge die Herstellungs- und Bautoleranzen auf. Zur Kraftübertragung und Querdehnungsbehinderung benötigen die Stützen an den Kopf- und Fußpunkten Stahlplatten. Freiliegend sind diese im Brandfall durch einen starken Wärmeeintrag in das Stützeninnere ungünstig und werden daher über den Vergussmörtel mit eingegossen.
