Herr Watzl, Sie sind einer der Ideengeber für das Leadership-Programm. Welche Beweggründe hatten Sie dafür?
Im Zuge der digitalen Transformation merken wir doch alle, dass sich die Welt immer schneller zu drehen scheint. Unsere Themen und unsere Umwelt verändern sich in immer kürzeren Zyklen. Wir haben zunehmend Probleme, die jungen Menschen, unsere Talente, zu verstehen. Inhaltlich in ihren Erwartungen und Haltungen, manchmal auch ganz banal in der Sprache. Wir müssen uns auf diese sehr dynamischen Zeiten einstellen, in unserem Führungsverhalten, aber auch in der Art unserer Zusammenarbeit.
Die Formulierung „dynamische Zeiten“ findet sich nun auch im Titel des Leadership-Programms wieder. Wie vollzog sich der Weg vom eben beschriebenen Befund hin zur Umsetzung eines konzernweiten Führungskräfteprogramms?
Es ist für uns offensichtlich, dass diese dynamischen Zeiten große Herausforderungen für unsere Führungskultur mit sich bringen. So haben wir konsequenterweise gemeinsam mit dem Bereich HR über strukturiertere Schulungen zur Führungskräfte-Entwicklung nachgedacht und in der Folge dieses Programm mit modularem Aufbau entwickelt. Ein Modul widmet sich dem Thema LEAN, das wir auch im Konzern weiter pushen wollen.
Vor dem Roll-out haben Sie dann das Programm selbst getestet?
Ende 2019 bis Anfang 2020 haben wir uns im Vorstand zusammen mit den Unternehmensbereichsleitungen mit dem Aufbau der Schulungsreihe beschäftigt. Wir wollten wissen, ob die Inhalte so passen, das Programm kennenlernen – und nahmen auch noch einige Veränderungen vor. Im Frühjahr 2020 sollte es dann eigentlich losgehen …
… nur leider kam stattdessen Corona.
Und damit lag das Programm plötzlich erst einmal auf Eis. Erst Wochen, dann Monate – im Herbst des vergangenen Jahres habe ich dann entschieden, dass wir im Segment Nord + West nicht mehr warten. Wir sind mit zwei Testläufen gestartet, alles online.
Sie haben sogar zum virtuellen Kamingespräch geladen.
Ja, dieses Diskussionsformat mit Managerinnen und Managern war überaus aufschlussreich. In den sehr offenen Diskussionen hatte sich u. a. ergeben, dass auch die Unternehmensbereichsleitungen das Leadership-Programm durchlaufen sollten, was nun auch mit Begeisterung und Engagement umgesetzt wird.
Besteht das Interesse also auch an oberster Stelle?
Ja, das ist unser Ziel. Wir haben lange darüber diskutiert, wer dieses Programm wahrnehmen sollte. Am Ende einigten wir uns auch auf die Direktions- und Bereichsleitungsebene. Die soll in jedem Modul vertreten sein, aber immer gemischt; nie werden direkte Vorgesetzte im selben Kurs sitzen.
Fällt Ihnen auch persönlich auf, wie Sie Ihre Art zu führen ändern müssen?
Es geht um Geschwindigkeit. Wir müssen permanent und in hohem Tempo auf Veränderungen reagieren oder diese vorantreiben. Zu Beginn meiner Karriere war die Führungsarbeit noch viel statischer, es gab klare Hierarchien und auch nicht fünf Kommunikationskanäle gleichzeitig zu bedienen. Heute geht es oft darum, Informationen zu teilen, Feedback zu geben. Die vertikalen Hierarchien erodieren, gleichzeitig entstehen horizontale Kooperationen, oft auf Zeit und mit Projektcharakter.
Erzeugt diese Entwicklung Druck?
Genau hier setzt das Leadership-Programm an: Wir wollen Ängste und Druck nehmen, die Führungskräfte – auch die älteren – motivieren, sich zu öffnen, gegenüber neuen Technologien und auch den Verhaltensweisen und Haltungen der nachrückenden Generationen.
Welches Ziel haben Sie persönlich mit Ihrer Teilnahme an den Modulen verfolgt?
Ich möchte mich den Herausforderungen unserer Zeit stellen, diese Zeit auch mitgestalten. Ich bin überzeugt, dass wir Veränderung auch vorleben, sie von oben nach unten in die Organisation tragen müssen.
Haben Sie etwas Konkretes aus dem Programm mitnehmen können?
Ja, eine Idee beschäftigt mich sehr: Die Schaffung sogenannter sicherer Räume, im Sinne von psychologischer Sicherheit. Ein Ort, an dem Mitarbeitende offen und ehrlich Ideen austauschen, ohne Angst haben zu müssen, anzuecken oder sich bloßzustellen.
Es geht darum, auf konstruktivem Niveau seine Meinung zu äußern – und die Aufgabe für uns Führungskräfte ist vor allem: zuzuhören, aber letztendlich auch Entscheidungen zu treffen.
Welche Rückmeldungen der Teilnehmenden erreichen Sie?
Durchweg positive. Ich beobachte wirklich einen breiten Bewusstseinswandel, eine hohe Motivation, Veränderungen nicht nur mitzumachen, sondern aktiv zu gestalten, angefangen bei sich selbst.
Woran werden Sie den Erfolg des Programms messen?
Das ist keine einfache Frage – wie messen Sie die Stimmung oder den Spirit in einer Organisation? Eine Größe wird vielleicht die Entwicklung der Fluktuation sein. Wenn wir die Themen des Leadership-Programms erfolgreich umsetzen, wird die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigen. Es soll sich herumsprechen, dass wir bei STRABAG mit modernen Managementstrukturen arbeiten. Damit zahlt das Leadership-Programm direkt auf unsere Konzernziele ein, STRABAG weiter als attraktive Arbeitgeberin zu entwickeln und den wirtschaftlichen Erfolg unseres Unternehmens langfristig zu sichern bzw. stetig zu steigern.